Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

 

 

Pseudo Matthäus, Marienlegende

Veröffentlicht am 05.11.2016

 

 

 

Pseudo Matthäus deutsch (Marienlegende, Kapitel 1 -15)

Pseudo Matthäus deutsch (Magier, Flucht nach Ägypten Kapitel 16 - 24, Arab Kindheitsevangelium Kap. 10 )

Pseudo Matthäus lateinisch (Marienlegende, Kapitel 1 - 15)

Pseudo Matthäus lateinisch (Magier, Flucht nach Ägypten, Kap. 16 - 24, Arab. Kindheitsevangelium, Kap. 10)

 

 

Startseite Apokryphe Schriften

 

 

Pseudo-Matthäusevangelium (deutsch)

(frühmittelalterlich auf Basis des antiken Jakobus-Protoevangeliums)

lat. (nach der Ed. von Const.Tischendorf, Leipzig 1853) / dt. (übers. H. Zimmermann 2006)

Der Titel Pseudo-Matthäus-Evangelium stammt von Konstantin von Tischendorf, der den Text herausbrachte. J. Gijsel und R. Beyers geben die wahrscheinliche Entstehungszeit des Werkes mit 600-625 n. Chr. an. Die ältesten Manuskripte stammen aus dem frühen neunten Jahrhundert.

 

 Marienlegende

 

  

1.

1. In jenen Tagen lebte ein Mann in Jerusalem

namens Joachim, vom Stamme Juda.

Dieser lebte dort als Hirt eigener Schafe,

voll Ehrfurcht vor dem Herrn in seiner Schlichtheit und Güte.

      
Er kümmerte sich um nichts als bloß um seine Herden,

von deren Produkten er allen Nahrung zukommen ließ, die den Herrn fürchten,

und zweifache Opfergabe brachte in Ehrfurcht vor Gott

denen, die sich um die Belehrung derer bemühten, die ihm dienten.

    
Folglich machte er bei den Lämmern oder Schafen oder bei der Wolle

oder überhaupt bei allem, was auch immer er zu besitzen schien,

drei Teile:

    
den ersten Teil gab er den Waisen, Witwen und Pilgern und den Armen;

den zweiten Teil aber gab er denen, die Gott verehren;

nur den dritten Teil behielt er für sich und seinen ganzen Haushalt.

 

2.

1. Weil er aber dies tat, vervielfachte der Herr ihm die Herden,

sodaß kein Mensch im Volk Israel ihm gleichkam.

Und dies begann er bereits zu tun,

als er fünfzehn Jahre alt war.

   
Als er zwanzig Jahre alt war, nahm er Anna, die Tochter des Achar zur Frau,

die aus dem selben Stamm wie er, nämlich dem Stamme Juda, aus der Sippe Davids, stammte.

Und obwohl sie beide zwanzig Jahre darauf warteten,

bekam er von ihr weder Söhne noch Töchter.

  
Es geschah aber, daß bei den Festtagen

unter denen, die dem Herrn ein Räucheropfer darboten, auch Ioachim stand,

der seine Gaben vor dem Antlitz des Herrn bereithielt.

    
Und es trat an ihn ein Priester mit Namen Ruben heran und sprach:

Dir ist es nicht erlaubt, bei denen zu stehen, die Opfer für Gott bringen,

da dich Gott nicht nicht gesegnet hat, dir Nachkommenschaft in Israel zu geben.

     
Da er deshalb beschämt war vor den Blicken des Volks ging er weinend beiseite vom Tempel des Herrn,

und kehrte nicht nach Hause zurück, sondern ging fort zu seinem Vieh

und nahm dazu die Hirten mit sich in die Berge am anderen Ende des Landes,

so daß Anna, seine Gattin, für fünf Monate keine Botschaft von ihm vernehmen konnte.

  
  
2. Da weinte sie in ihrer Anbetung und sprach:

"Herr, Gott Israels, Stärkster, da du mir schon keine Söhne geschenkt hast,

warum hast du mir auch meinen Mann weggenommen?

  
Siehe, es sind schon fünf Monate, daß ich meinen Mann nicht gesehen habe.

Und ich weiß nicht, wo er noch weilt;

ja, wenn ich wüßte, daß er tot ist, würde ich ihm sein Grabmal errichten."

    
Und über die Maßen weinend betrat sie den Vorraum ihres Hauses,

warf sich im Anbetung nieder und schüttete ihr Herz in Bittgebeten vor dem Herrn aus.

    
Als sie später wieder aufstand von der Anbetung und die Augen zu Gott emporhob,

sah sie ein Spatzennest im Lorbeerbaum

und ließ ihre Stimme zum Herrn in Seufzen aufsteigen und sprach:

  
  
"Herr, allmächtiger Gott, der du aller Kreatur Söhne geschenkt hast,

den wilden Tieren und den Ochsen, den Schlangen und Vögeln und Fischen,

und alle freuen sich an ihren Söhnen:

mich allein hast du von der Gabe deiner Güte ausgeschlossen!

    
Du nämlich, Gott, kennst mein Herz,

denn vom Anfang meiner Ehe an bekenne ich, dies gelobt zu haben:

daß, wenn du, Gott, mir einen Sohn oder eine Tochter schenktest,

sie ich dir als Opfer deinem heiligen Tempel übergeben würde."

  
  
3.   Und während sie dies noch sagte,

erschien plötzlich ein Engel des Herrn vor ihrem Angesicht und sprach:

"Fürchte dich nicht, Anna, denn deine Nachkommenschaft ist bereits in Gott beschlossen,

denn das, was aus dir geboren werden soll, 
wird durch alle Weltalter bewundert sein bis zum Weltende."

    
Und als er dies gesagt hatte,

war er ihren Blicken entschwunden.

    
Jene aber ging voller Furcht und bleich darüber,

solch eine Erscheinung geschaut und solch eine Rede gehört zu haben,

in ihr Schlafgemach und warf sich auf das Bett, gleichsam in Todesstarre.

Und den ganzen Tag und die ganze Nacht verharrte sie zitternd und bebend in der Anbetung.

  
  
4.   
Danach aber rief sie ihre Magd zu sich und sprach zu ihr:

"Siehst du mich durch meine Witwenschaft enttäuscht und in Angst erstarrt

und wolltest doch nicht zu mir kommen?"

    
Da antwortete jene leise flüsternd wie folgt:

"Wenn Gott deinen Mutterschoß verschlossen hat und dir deinen Mann weggenommen hat,

was kann ich dann für dich tun?"

Als Anna das hörte, ließ sie ihre Stimme in Klagen strömen und weinte.

 

3.

1.   Zu eben der Zeit erschien ein Jüngling in den Bergen dem Joachim,

wo dieser seine Herden weidete,

und sprach zu ihm:

"Warum kehrst du nicht zu deiner Gattin zurück?"

    
Und Joachim sprach:

"Seit zwanzig Jahren bin ich mit ihr verheiratet, 
und es wollte Gott mir keine Söhne von ihr geben.

Ich bin demzufolge mit Schande aus dem Tempel des Herrn herausgeworfen worden.

Wozu soll ich zu ihr zurückkehren, 
der ich einmal davongejagt wurde und tief verachtet bin?

    
Hier werde ich folglich mit meinen Schafen bleiben,

und solange Gott mir das Licht dieses Weltalters seen lassen will,

werde ich durch die Hand meiner Knechte

den Armen und Waisen und Gottesverehrern ihre Almosen gerne zuteilen.

  
  
2. Und sobald er das gesagt hatte, antwortete ihm der Jüngling:

"Ich bin ein Engel Gottes, der ich heute deiner weinenden und betenden Gattin erschienen bin, 
und ich habe sie getröstet,

denn du sollst wissen, daß sie aus deinem Samen eine Tochter empfangen hat,

und du hast sie verlassen, weil du es nicht gewußt hast.

    
Sie wird im Tempel Gottes wohnen und der Heilige Geist wird auf ihr ruhen;

und ihre Seligkeit wird die aller heiligen Frauen übersteigen,

so daß keiner je sagen wird, es habe irgendeine ihr ähnliche Frau jemals vorher gegeben,

noch, es werde nach ihr jemals eine solche geben in diesem Weltalter.

    
Steige deshalb herab von den Bergen und kehre zu deiner Gattin zurück,

die du schwanger vorfinden wirst:

Gott hat nämlich den Samen in ihr erweckt, wofür du Gott danken sollst;

und ihr Samen wird gesegnet sein,

und sie selbst wird gesegnet sein

und zur Mutter ewiger Segnung bestimmt werden."

  
  
3. Da sprach Joachim unter Ehrenbezeugungen zum Engel:

"Wenn ich Gnade vor dir gefunden habe,

so setze dich einfach in meine Hütte und segne deinen Knecht!"

    
Da sprach der Engel zu ihm:

"Nenne dich nicht Knecht sondern Mitknecht,

denn wir beide sind Knechte eines einzigen Gottes.

  

Aber meine Speise ist auch unsichtbar

und mein Trank kann von keinem Sterblichen wahrgenommen werden.

Deshalb mußt du mich nicht bitten, in deine Hütte einzutreten;

sondern wenn du mir etwas geben wolltest, 
so opfere es dem Herrn in einem Brandopfer!"

  

Da nahm Joachim ein unversehrtes Lämmchen und sprach zum Engel:

"Ich würde es nicht wagen, dem Herrn ein Brandopfer darzubringen,

wenn dein Befehl mir nicht das Priesteramt des Opferns gegeben hätte."

  

Und der Engel sprach zu ihm:

"Ich würde dich nicht zum Opfern einladen,

wenn ich dies nicht als Willen des Herrn erkannt hätte."

  

Als Joachim aber Gott das Opfer darbrachte,

stiegen der Engel und der Opferduft zugleich mit dem Rauch zum Himmel auf.

  
  
4. Da warf sich Joachim nieder und lag mit dem Gesicht zu Boden

von der Mittagsstunde bis zum Abend in Anbetung da.

  

Als nun seine Knechte und Händler, die bei ihm waren, ihn sahen,

ohne zu wissen, warum er dalag, glaubten sie, er sei tot;

und sie traten heran, konnten ihn aber kaum vom Boden hochheben.

  

Sobald er ihnen aber von der Erscheinung des Engels erzählt hatte,

waren sie von übergroßer Furcht und Verwunderung bewegt und mahnten ihn,

ohne Zögern die Erscheinung des Engels zu vollenden

und schnell zu seiner Gattin zurückzukehren.

Und als Joachim es in seinem Gemüt hin- und herwälzte

und überlegte, ob er zurückkehren solle oder nicht,

geschah es, daß er von Schlaf beschwert wurde,

und siehe, der Engel, der ihm im Wachen schon erschienen war, erschien ihm im Schlaf und sagte:

  

"Ich bin der Engel, der dir von Gott zum Wächter gegeben ist.

Steige sicher herab und kehre zurück zu Anna,

denn die Barmherzigkeit, die ihr, du und deine Gattin Anna, erwiesen habt,

sind im Blick des Höchsten in Erinnerung gerufen worden;

und so wird Gott euch eine solche Frucht schenken,

wie vom Anbeginn niemals die Propheten hatten noch ein Heiliger je haben wird."

  

Als Joachim nun aus dem Schlaf erwacht war,

rief er alle Hirten zu sich und berichtete ihnen seinen Traum.

  

Jene aber bezeugten dem Herrn Verehrung und sprachen zu ihm:

"Sieh zu, daß du dich nicht über den Spruch des Engels hinwegsetzt,

sondern mach dich auf, und laß uns von hier aufbrechen,

und, indem wir unsere Herden weiden, langsamen Schrittes zurückgehen."

  
  
5. Als sie nach einer Verweildauer von dreißig Tagen zurückkehrten und schon nahe waren,

siehe, da erschien der Engel des Herrn Anna, die in Gebetshaltung dastand, und sprach zu ihr:

"Geh zum Stadttor, das Goldene Pforte genannt wird,

und laufe deinem Mann dort auf dem Wege entgegen, weil er heute zu dir kommen wird!"

   

Jene gelangte folglich schnell dahin zusammen mit ihren Mägden,

und, indem sie betend in der Pforte stand, wartete sie lange auf ihn.

  

Als sie nämlich von der allzu angespannten Warterei müde wurde,

erhob sie die Augen und sah von ferne Joachim kommen mit dem Vieh;

und sie lief jenem entgegen und fiel ihm um den Hals, dankte

  
"Witwe war ich, und siehe: ich bin es nicht mehr;

unfruchtbar war ich, und siehe: ich habe bereits empfangen."

  

Deshalb betraten sie, nachdem sie dem Herrn ihre Ehren bezeugt hatten, das Haus.

Die Nachbarn und alle seine Bekannten freuten sich sehr, als sie das hörten,

so daß das ganze Land Israel diese Kunde begrüßte.

 

4. 

Darauf, als neun Monate vergangen waren,

gebar Anna eine Tochter und gab ihr den Namen Maria.

  

Als sie sie drei Jahre gestillt hatte,

zogen Joachim und Anna gemeinsam zum Tempel des Herrn, brachten dem Herrn Opfer dar

und gaben ihr kleines Mädchen Maria in die Gemeinschaft der Jungfrauen,

die Tag und Nacht im Lobpreis Gottes verharrten.

  

Als man Maria vor das Tempelhaus des Herrn stellte,

nahm sie die fünfzehn Stufen in so schnellem Lauf,

daß sie überhaupt nicht zurückschaute noch, wie es Kinder gewöhnlich tun, nach den Eltern suchte.

Beunruhigt suchten daher ihre Eltern beide das Kind,

und sie waren beide gleichermaßen verblüfft, bis sie sie im Tempel wiederfanden,

so daß sogar die Oberpriester des Tempels verwundert waren.

 

5.

Da sprach Anna, erfüllt vom Heiligen Geist und vor allen Leuten:

"Der Herr der Heerscharen hat sich seines Wortes erinnert

und sein Volk mit seiner heiligen Gegenwart heimgesucht,

um die Völker, die sich gegen uns erhoben, zu demütigen und ihre Herzen ihm zuzuwenden.

Er hat seine Ohren für unsere Gebete geöffnet:

abgeschirmt hat er von uns die Schmähungen aller unserer Feinde.

  

Die Unfruchtbare ist Mutter geworden

und hat in Israel Jubel und Freude geboren.

Siehe, ich kann dem Herrn Geschenke darbringen,

und meine Feinde werden mich daran nicht hindern.

Der Herr hat mir ihre Herzen zugewendet

und er hat mir immerwährende Freude gegeben."

 

6. 

1. Maria aber stand in Bewunderung beim ganzen Volk.

Als sie drei Jahre alt war, ging sie mit so schleunigem Schritt einher,

sprach so vollkommen und nahm sich so viel Zeit für das Lob Gottes,

daß alle über sie verblüfft und verwundert waren

und daß man sie nicht für ein kleines Kind hielt,

sondern wie eine Erwachsene von dreißig Jahren: so gefestigt war sie in der Anbetung.

  

Ihr Gesicht leuchtete wie der Schnee,

so daß man ihr kaum ins Angesicht blicken konnte.

Sie übte fleißig die Wollweberei,

und was die älteren Frauen nicht verrichten konnten, brachte sie schon im zarten Alter zustande.

  
  
2. Für sich hatte sie die Regel aufgestellt, morgens bis zur dritten Stunde in Anbetung zu verharren,

von der dritten bis zur neunten Stunde mit dem Weben beschäftigt zu sein.

Von der neunten Stunde an wiederum widmete sie sich der Anbetung; davon ließ sie nicht ab,

bis der Engel des Herrn erschien, aus dessen Hand sie Speise empfing.

  

Und immer mehr und immer besser schritt sie im Gottesdienst voran.

Schließlich, wenn die älteren Jungfrauen dem Gotteslob ihre Zeit widmeten,

ließ sie sich selbst keine Zeit für anderes,

so daß es beim Lobsingen und nächtlichen Wachen keine gab, die vor ihr da war.

  

Sie war in der Weisheit des Gesetzes am besten gebildet,

in der Demut demütiger, im Lobsingen feiner,

in jeglicher Tugend vollkommener.

  

Sie war nämlich beständig, unerschütterlich, unveränderlich,

und sie schritt jeden Tag zum Besseren voran.

  
  
3. Niemand sah sie je zornig, niemand hörte sie je fluchen.

All ihr Reden war so voll der Gnade,

daß man in ihren Worten Gottes Gegenwart erkannte.

Immer widmete sie sich der Anbetung und der Erforschung des Gesetzes.

  

Sie kümmerte sich darum,

sich durch keine Gerede über ihre Gefährtinnen zu versündigen,

sodann sorgte sie dafür,

nichts in Gelächter oder mit dem eitlen Klang der schönen Stimme ins Werk zu setzen,

oder durch irgendeine Beleidigung oder hochmütige Bermerkung,

die sie über die ihr Gleichgestellten erhebe, in den Vordergrund zu treten.

  

Ohne Unterlaß pries sie den Herrn.

Um zum Beispiel selbst beim Grüßen nicht vom Gotteslob abzulassen,

antwortete sie, wenn jemand sie grüßte,

mit "Dank sei Gott" als Gruß.

Von ihr erst ging der Brauch aus,

beim gegenseitigen Grüßen mit "Gott sei Dank" zu antworten.

  

Tag für Tag nahm sie nur die Nahrung, die sie aus Engelshand empfing, zu ihrer eigenen Stärkung an;

was sie aber von den Oberpriestern an Speise erhielt, verteilte sie unter die Armen.

Häufig sah man die Engel Gottes mit ihr reden,

und höchst sorgfältig gehorchten sie ihr.

Sobald aber ein Kranker sie anrührte,

konnte er noch zur gleichen Stunde geheilt nach Hause gehen.

 

7. 

1. Da brachte der Priester Abjatar den Oberpriestern unendlich viele Geschenke,

um Maria für seinen Sohn als Frau zu erhalten.

Maria aber verbot es ihnen mit den Worten:

"Es kann nicht geschehen, daß ich einen Mann erkenne oder ein Mann mich erkennt."

  

Die Oberpriester aber und alle ihre Nachbarn sagten zu ihr:

"Gott dient man in Kindern, und man erweist ihm Ehre durch Nachkommen,

wie es stets bei den Töchtern Israels geschah."

Maria aber antwortete ihnen mit folgendem Spruch:

"Gott dient man durch Keuschheit,

wie sich vor allem anderen beweisen läßt:

  
  
2. Denn vor Abel war bei den Menschen keiner gerecht;

doch er fand bei Gott Gefallen aufgrund seines Opfers,

und er wurde schonungslos umgebracht von dem, der kein Gefallen gefunden hatte.

Er hat jedoch zwei Kronen empfangen,

die für sein Opfer und die für seine Jungfräulichkeit;

denn in seine Leiblichkeit ließ er nie eine Verunreinigung eindringen.

  

Und Elias wurde, noch während er im Fleische war, im Fleische in den Himmel aufgenommen,

weil er seinen Leib jungfräulich bewahrte.

Das habe ich im Tempel Gottes von Kind an gelernt,

daß die Jungfräulichkeit Gott liebenswert sein kann.

Und dazu, daß ich Gott etwas ihm Liebenswertes opfern kann,

habe ich in meinem Herzen beschlossen, niemals einen Mann erkennen zu wollen."

 

8.

1. Als sie nun 14 Jahre alt wurde,

und als dies der Zeitpunkt war, der die Pharisäer zur Äußerung veranlaßte,

es gebe einen Brauch, daß eine Frau dieses Alters im Tempel Gottes nicht verbleiben könne,

da fand man Rat:

Ein Herold solle zu allen Stämmen Israels gesandt werden,

daß alle am dritten Tage im Tempel des Herrn zusammenkommen sollten.

  

Sobald nun das gesamte Volk zusammengekommen war, erhob sich der Oberpriester Abiathar,

stieg auf eine höhre Stufe, so daß er vom ganzen Volk gehört und gesehen werden konnte,

und, als vollkommene Stille eingetreten war, sprach er:

"Höret mich, Söhne Israels, und vernehmt mit euren Ohren meine Worte!

  

Von der Zeit an, als dieser Tempel Salomons erbaut wurde,

wohnten in ihm jungfräuliche Königstöchter

und Töchter der Propheten und Hohen Priester und Oberpriester,

und sie wurden hier bedeutend und bewundernswert;

sobald sie aber in das dem Gesetz entsprechende Alter kamen, wurden sie Männern zur Frau gegeben

und folgten ihrem vorherigen Stand, und so gefielen sie Gott.

  

Allein bei Maria ist eine neue Lebensordnung gefunden worden,

die verspricht, daß sie für Gott jungfräulich bleiben wolle.

Daher bin ich dafür, daß wir durch eine Befragung und Gottes Antwort zu erkennen suchen,

wem sie in Obhut gegeben werden soll."

  
  
2. Dieser Vorschlag fand dann die Billigung der ganzen Synagoge,

und das Los wurde von den Priestern über die zwölf Stämme geworfen,

und es fiel das Los auf den Stamm Juda.

Da sprach der Priester:

  

"Morgen sollen alle, die ohne Gattin sind, mit einem Zweig in der Hand herkommen."

So geschah es, daß Joseph mit jüngeren Männern herbeikam und einen Zweig trug.

Und als sie ihre Zweige dem Hohen Priester übergeben hatten,

brachte er Gott dem Herrn ein Opfer und befragte den Herrn.

  

Und es sprach der Herr zu ihm:

"Gib die Zweige aller in das Allerheiligste Gottes, und dort sollen die Zweige bleiben.

Und ordne an, daß sie morgen zu dir kommen sollen, um ihre Zweige wiederzuempfangen;

und aus wessen Zweigspitze eine Taube hervorgeht und zu den Himmeln emporfliegt,

in dessen Hand der Zweig, sobald er zurückgegeben wird, dieses Zeichen gibt,

eben dem soll Maria in Obhut gegeben werden."

  
  
3. Am folgenden Tag nun, als alle früher zusammenkammen und das Räucheropfer dargebracht war,

betrat der Priester das Allerheiligste und legte die Zweige dort hinein.

  

Und als er über alle einzeln die Befragung durchgeführt hatte

und aus keinem eine Taube hervorgekommen war,

bekleidete sich der Priester mit den zwölf Glöckchen und dem Priestergewand,

betrat er wieder das Allerheiligste, zündete das Opfer an und rezitierte dort die Anbetung.

  

Da erschien der Engel Gottes und sprach:

"Es ist dieser kürzeste Zweig, den du für nichts erachtet hast,

den du zwar mit den anderen zusammengelegt hast,

aber nicht mit den anderen hineingelegt hast:

Wenn du diesen hineinlegst und ihn dann dem zurückgibst, dem er gehört,

so wird auf eben dem Zweig das Zeichen erscheinen, das ich dir angesagt habe."

  

Das war aber der Zweig Josephs;

und weil der Greis geradezu beseitegeschoben war,

so daß er ihn nicht wiederannehmen konnte,

wollte er aber selbst seinen Zweig nicht heraussuchen.

  

Und als er bescheiden als letzter hinten dastand,

rief der Priester mit heller Stimme ihm zu und sprach:

"Komm, Joseph, und nimm deinen Zweig an dich,

denn du wirst erwartet!"

  

Und Joseph trat heran, schreckensbleich,

weil der Hohe Priester ihn allzu laut ausgerufen hatte.

  

Bald jedoch, sobald er seine Hand ausstreckte und seinen Zweig an sich nahm,

da kam sofort aus dessen Spitze eine Taube hervor, weißer als Schnee, bezaubernd schön,

und weit herausschwingend durch die Dächer des Tempels

schwebte sie schließlich in die Himmel empor.

  
  
4. Da beglückwünschte das gesamte Volk den Greis; sie riefen:

"Glückselig bist du in deinem Greisenalter geworden, Vater Joseph,

daß Gott dich als geeignet erwiesen hat,

Maria bei dir aufzunehmen!"

  

Und weil die Priester zu ihm gesagt hatten:

"Nimm sie auf, weil aus dem ganzen Stamme Juda du allein von Gott erwählt bist",

begann Joseph, ihnen mit Ehrfurcht Ehre zu bezeugen, und sagte:

"Ein Greis bin ich und habe Söhne,

wozu gebt ihr mir dann dieses Kindchen,

dessen Alter sogar kleiner ist als meine Enkel?"

  

Da sprach Abiathar, der Hohe Priester, zu ihm:

"Denke daran, Joseph, auf welche Weise Dathan, Abiron und Core zugrundegingen,

weil sie den Willen Gottes verachteten!

So wird es dir ergehen, wenn du das, was dir von Gott angeordnet wird, mißachtest!"


Joseph antwortete ihm:

"Ich mißachte keineswegs den Willen Gottes,

sondern werde über sie wachen, bis ich aus dem Willen Gottes erkenne,

wer von meinen Söhnen sie zur Frau nehmen kann.

Man gebe ihr einige Jungfrauen von ihren Gefährtinnen zum Trost,

mit denen sie die Zwischenzeit verbringen kann.

  

Der Priester Abiathar antwortete:

"Ja, ihr werden fünf Jungfrauen zum Trost gegeben werden,

bis der festgesetzte Tag kommt, an dem du selbst sie in dein Haus aufnimmst;

denn sie wird nicht mit einem anderen zur Ehe verbunden werden können."

  
 .  
5. Sodann nahm Joseph Maria in sein Haus auf,

zusammen mit den anderen fünf Jungfrauen, die um sie waren im Hause Josephs.

Es waren diese Jungfrauen Rebekka, Zephora, Susanna, Abigea und Kael;

diesen wurde vom Priester Seide, Hyazinth, Byssus, Scharlach, Purpur und Leinen gegeben.

  

Sie warfen aber untereinander Lose, was jede einzelne Jungfrau bearbeiten solle;

es fiel so, daß Maria den Purpur bekam für den Vorhang des Tempels des Herrn.

  

Als sie diesen bekam, sprachen jene Jungfrauen zu ihr:

"Da du die letzte bist, und demütig und geringer als alle,

hast du es verdient, den Purpur zu bekommen und innezuhaben."

Um sie mit solchen Titeln zu necken, begannen sie, sie die "Königin der Jungfrauen" zu nennen.

  

Während sie also derart miteinander umgingen,

erschien der Engel des Herrn in ihrer Mitte und sprach zu ihnen:

"Nicht wird dieser Titel zur Neckerei dienen,

sondern zur Verkündigung einer wahrhaft zutreffenden Prophezeiung."

  

Als sie den Engel erblickten und seine Worte hörten, erbleichten sie vor Schreck

und baten ihn, ihnen zu verzeihen und für sie Fürbitte einzulegen.

 

  
9. 

1. Am folgenden Tage, als Maria am Brunnen stand, um ihr Krüglein zu füllen,

erschien ihr ein Engel des Herrn und sagte:

"Glückselig bist du, Maria,

weil du in deinem Schoß dem Herrn eine Wohnung bereitet hast.

Siehe, das Licht vom Himmel wird in dir wohnen,

und durch dich wird es in die gesamte Welt zurückleuchten."

  
  
2. Und am dritten Tage, als sie den Purpurstoff mit ihren Fingern wirkte,

trat zu ihr ein Jüngling ein, dessen Schönheit unbeschreiblich war.

Als Maria diesen erblickte, erbleichte sie vor Schrecken und begann zu zittern.

Jener sprach zu ihr:

  

"Sei gegrüßt, Maria, Gnadenvolle, der Herr mit dir!

Gesegnete du unter den Frauen, gesegnet auch die Frucht deines Leibes!"

Als sie das hörte, zitterte sie und erbleichte;

da fügte der Engel des Herrn hinzu:

  

"Fürchte dich nicht, Maria; du hast Gnade gefunden bei Gott:

Siehe, du wirst empfangen in deinem Schoß und einen König gebären,

der nicht nur die Erde erfüllt, sondern auch den Himmel,

und in den Zeitenkreisen der Zeitenkreise herrscht."

  
10. 

1. Zu der Zeit, als all das geschah,

war Joseph mit der Herstellung von Hütten in der Küstenregion beschäftigt, 
er war nämlich Holzbearbeiter.

  

Nach neun Monaten aber kehrte er in sein Haus zurück und fand Maria schwanger vor.

Daher, gänzlich in Angst versetzt, begann er zu zittern und schrie laut auf:

"Herr, Gott, nimm meinen Geist auf,

da es für mich ja besser ist, zu sterben als weiter zu leben!"

  

Die Jungfrauen, die um Maria waren, sprachen zu ihm:

"Was sagst du da, Joseph?

wir selbst wissen, daß kein Mann sie berührt hat;

wir sind Zeugen, daß Jungfräulichkeit und Unberührtheit in ihr beständig waren.

  

Wir haben über sie gewacht: Immer verharrte sie mit uns zusammen in Anbetung;

täglich sprechen die Engel Gottes mit ihr;

täglich empfängt sie aus der Hand des Herrn Nahrung.

wir wissen nicht, wie es geschehen kann, daß irgendetwas an ihr gesündigt worden ist.

Denn wenn du willst, daß wir dir unseren Verdacht aufdecken,

so hat niemand sie zur Schwangeren gemacht, es sei denn der Engel des Herrn.

  
  
2. Joseph sprach:

"Wozu versucht ihr mich, daß ich euch glauben soll,

ein Engel des Herrn habe sie geschwängert?

Ist es denn möglich, daß jemand sich zum Engel des Herrn aufgebaut und sie getäuscht hat?

  

Und indem er dies sagte, weinte er und fuhr dann fort:

Habe ich da noch die Stirn, zum Tempel des Herrn aufzuschauen,

oder mit meinem Antlitz die Priester Gottes zu sehen? Was soll ich tun?

Und indem er dies sagte, dachte er daran, zu fliehen und sie im Stich zu lassen.

 

11. 

1. Und als er daran dachte, sich aufzumachen und zu verbergen und im Verborgenen zu wohnen,

siehe, in eben der Nacht erschien ihm im Schlaf auch der engel des Herrn und sprach:

  

"Joseph, Sohn Davids, fürchte dich nicht!

Nimm Maria als deine Gattin an,

denn was in ihrem Schoße lebt, ist vom Heiligen Geist.

  

Sie wird aber einen sohn gebären, und er wird Jesus genannt werden,

er selbst wird nämlich sein Volk heil machen von deren Sünden.

    
Als Joseph nun aufstand vom Schlaf sagte er Gott Dank,

und Maria und den Jungfrauen, die um sie waren, erzählte er sein Traumgesicht.

Und er tröstete Maria, indem er sagte:

Ich habe gesündigt, da ich dich im Verdacht hatte.

  
  
12. 

1.  Nach diesen Vorgängen breitete sich das Gerücht weithin aus,

daß Maria schwanger sei.

Und Joseph wurde von den Tempeldienern verhaftet und mit Maria dem Oberpriester vorgeführt,

der gemeinsam mit den Priestern begann, sie zu verhören und zu sprechen:

  

"Wozu hast du diese reine, diese einzigartige Jungfrau betrogen,

die die Engel Gottes im Tempel wie eine Taube genährt haben,

die nie einen Mann nur sehen oder gar haben wollte,

die im Gesetz Gottes die bestmögliche Erziehung genossen hat?

Ja, wenn du ihr keine Gewalt angetan hättest,

wäre sie bis jetzt jungfräulich geblieben!

  
Joseph aber schwor unter Eiden, daß er sie absolut niemals berührt hätte.

Der Oberpriester Abiathar gab ihm zur Antwort:

"Gott lebt! Ich werde dich bald zwingen, das Wasser des Tranks des Herrn zu trinken,

und sofort wird dann deine Sünde zutage treten!"

  
  
2. Da versammelte sich eine Volksmenge, die man nicht zählen konnte,

und Maria wurde zum Tempel geführt.

  

Die Priester aber und ihre Verwandten und Eltern sprachen unter Tränen zu Maria:

"Bekenne den Priestern deine Sünde,

du, die du wie eine Taube im Tempel Gottes gelebt hast

und die Speise empfingst aus der Hand des Engels!"

  

Und wieder wurde Joseph zum Altar gerufen,

und ihm wurde das Wasser des Ttranks des Herrn gegeben.

Immer wenn irgendein Lügner diesen schmeckte und siebenmal den Altar umschritt,

gab Gott ein Zeichen auf dessen Gesicht.

  

Als nun Joseph sicher davon getrunken hatte und den Altar siebenmal umwandelt hatte,

erschien kein Zeichen von Sünde an ihm.

Da sprachen ihn alle Priester und Tempeldiener und die Leute frei und sagten:

"Glückselig bist du geworden, da keine Schuld an dir gefunden wurde."

  
  
3. Und sie riefen Maria heran und sprachen zu ihr:

"Und welche Entschuldigung wirst du jetzt noch vorweisen können?

Oder was für ein Zeichen wird deutlicher an dir erscheinen können als dies,

daß dich die Empfängnis deines Leibes selbst verrät?

  

Danach allein befragen wir dich, daß du, weil Joseph ja rein ist vor dir,

bekennst, wer es denn ist, der dich getäuscht hat.

Es ist doch besser, daß dein Bekenntnis dich verrät,

als daß der Zorn Gottes durch Zeichen auf deinem Gesicht dich in der Öffentlichkeit bloßstellt!"

  

Da sprach Maria standhaft und ohne zu zittern:

"Herr, Gott, König aller Wesen, der du aller Geheimnisse Mitwisser bist,

wenn eine Verunreinigung oder Sünde an mir ist oder irgendeine Begierde oder Schamlosigkeit,

so stelle mich vor dem Blick aller Leute bloß, auf daß ich allen ein Vorbild der Reinwaschung sei!"

  

Mit diesem Spruch trat sie standhaft an den Altar des Herrn

und trank das Wasser des Tranks,

und siebenmal umwandelte sie den Altar,

und nicht eine einzige Spur von Verfehlung wurde an ihr gefunden.

  
  
4. Und als alles Volk vor Staunen außer sich war,

indem sie zwar sahen, daß ihr Leib empfangen hatte,

aber nicht, daß ein Zeichen auf ihrem Gesicht erschien,

begannen die Leute in ihrer Verwirrung wild durcheinander zu reden.

  

die einen behaupteten, sie sei heilig und ohne jede Spur einer Verfehlung,

die anderen, sie sei böse und verunreinigt.

  

Als Maria sah, daß sie beim Volk in Verdacht stehe

und daß ihre Reinheit nicht völlig bewiesen zu sein scheine,

sprach sie mit heller Stimme zu allen Hörern:

  

Es hebt der Herr Adonai, der Herr der Heere, vor dessen Blick ich eben darauf bestehe,

daß ich niemals einen Mann erkannt habe,

sondern allein von dem erkannt werde,

dem ich von der Kindheit meines Lebens an meinen Geist im Gelübde anvertraut habe.

 

Und das, was ich damals gelobt habe, habe ich von meiner Kindheit an eingehalten,

so daß ich in ihm selbst, der mich geschaffen hat, in der unberührten Ursprünglichkeit verbleibe,

in der ich vertrauensvoll ihm selbst allein lebe und ihm selbst allein diene:

und solange ich in ihm selbst lebe, werde ich ohne jede Verunreinigung bleiben!"

  

Da begannen alle, ihre Füße zu küssen und ihre Knie zu umarmen,

und baten sie, ihnen ihre bösen Verdächtigungen zu verzeihen.

  

Und da hatten sie schon die Leute, die Priester und alle Jungfrauen

unter Jubel und großer Freude bis zu ihrem Hause geleitet, schreiend und singend:

"Der Name des Herrn sei gesegnet in Ewigkeit,

da er deine Heiligkeit seinem gesamten Volke Israel erwiesen hat!"

  
  
  
Weihnacht 
  
13. 

 

1. Es geschah aber nach einiger Zeit,

daß eine Anmeldung erfolgen mußte aufgrund eines Erlasses des Kaisers Augustus,

daß jeder sich in seiner Heimat melden mußte.

Diese Anmeldung wurde durchgeführt unter Quirinius, dem Statthalter Syriens.

  

Es war erforderlich, daß Josef sich mit Maria in Betlehem meldete, weil er von dort stammte

und Maria aus dem Stamm Juda und dem Haus und der Heimatstadt Davids.

  

Als sich Josef und Maria auf dem Weg befanden, der nach Betlehem führt, sagte Maria zu Josef:

"Zwei Völker sehe ich vor mir, ein weinendes und eins, das sich freut."

Josef antwortete ihr:

"Bleib sitzen, halt dich an deinem Lasttier fest und rede keine überflüssigen Worte!"

  

Da erschien ein wunderschönes Kind vor ihnen, bekleidet mit einem glänzenden Gewand, und sprach zu Josef:

"Warum hast du gesagt, die Worte, die Maria über die beiden Völker gesprochen hat, seien überflüssig?

Sie hat nämlich das Volk der Juden weinen gesehen, weil es sich von seinem Gott zurückgezogen hat,

und das Volk der Heiden voll Freude, weil es herangetreten ist und dem Herrn nahegekommen ist,

entsprechend dem was unseren Vätern Abraham, Isaak und Jakob versprochen worden ist.

Es kommt nämlich die Zeit, da im Samen Abrahams allen Völkern der Segen zuteil wird."

  
  
2. Und als er das gesagt hatte, befahl er dem Lasttier anzuhalten, denn die Zeit für die Geburt war genaht;

und er gebot Maria, vom Tier abzusteigen und eine unterirdische Höhle zu betreten,

in die noch niemals ein Lichtstrahl gedrungen war,

die vielmehr immer im Dunkeln lag, weil sie nie Tageslicht hatte.

  
Beim Eintritt Marias aber begann die ganze Höhle zu leuchten,

und sie zeigte überall einen solchen Lichtglanz, als scheine die Sonne.

Und als sei Mittag, so erhellte das göttliche Licht die Höhle.

Tag und Nacht ließ das göttliche Licht nicht nach, solange Maria dort weilte.

  

Und dort gebar sie einen Knaben,

den Engel während seiner Geburt die Engel umstanden

und dem sie nach der Geburt Ehre bezeugten mit dem Spruch:

"Ehre sei Gott in der Höhe, und auf Erden Friede den Menschen guten Willens!"

  

3. Schon längst hatte Josef sich aufgemacht, um Hebammen zu suchen.

Als er zu der Höhle zurückkam, hatte Maria schon das Kind geboren.

Josef sagte zu Maria: "Ich habe dir die Hebammen Zelomi und Salome gebracht.

Sie stehen draußen vor der Höhle und wagen wegen des starken Glanzes nicht, hier einzutreten."

  

Als Maria das hörte, lächelte sie.

Doch Josef sprach zu ihr:

"Lächle nicht, sondern gib acht, daß du keine Arznei benötigst!"

Da ließ sie eine von den beiden zu sich hereinkommen.

  

Als Zelomi eingetreten war, sprach sie zu Maria:

"Laß mich dich anfassen!"

Als Maria erlaubt hatte, sie zu berühren,

schrie die Hebamme laut auf und sagte:

  

"Herr, großer Herr, erbarme dich!

Niemals hat man gehört, ja nicht einmal geahnt,

daß die Brüste voller Milch sein können

und doch der neugeborene Knabe seine Mutter als Jungfrau erweist.

Keine Verunreinigung mit Blut erfolgte bei dem Kind, keine Schmerz bei der Gebärenden.

Als Jungfrau hat sie empfangen, als Jungfrau geboren, Jungfrau ist sie geblieben."

  
  
4. Als die andere Hebamme namens Salome diesen Ausruf vernahm, sprach sie:

"Was ich höre, glaube ich nicht, ehe ich es selber nachgeprüft habe."

Und Salome ging zu Maria und sprach:

"Erlaube, daß ich dich berühre und nachprüfe, ob Zelomi die Wahrheit sagte!"

  

Da Maria die Berührung erlaubte,

führte Salome mit ihrer Hand die Prüfung durch.

Und wie sie Maria prüfend berührte, verdorrte sogleich ihre Hand.

Vor Schmerz begann sie, heftig zu weinen, sich zu ängstigen und zu rufen:

  

"Herr, du weißt, daß ich dich immer gefürchtet habe

und alle Armen ohne Annahme von Lohn heilte,

von Witwen und Waisen nichts annahm

und Mittellose niemals mit leeren Händen entließ.

Siehe, ich bin erbärmlich geworden wegen meines Unglaubens,

weil ich es wagte, deine Jungfrau auf die Probe zu stellen."

  
  
5. Als sie dies sagte, erschien neben ihr ein außergewöhnlich glänzender Jüngling und sprach zu ihr:

"Tritt an das Kind heran und bete es an, berühre es mit deiner Hand;

es wird dich heilen,

denn es ist der Heiland der Welt und all derer, die auf ihn ihre Hoffnung setzen!"

  
  
  
Sie trat sofort an das Kind heran,

und während sie es anbetete, berührte sie den Saum der Windeln, in die das Kind gewickelt war.

Und sogleich war die Hand geheilt.

Im Hinausgehen begann sie, zu rufen

und die großen Wunder aufzuzählen, die sie gesehen hatte und die an ihr geschehen waren,

und wie sie geheilt worden war, so daß auf ihre Verkündigung hin viele zum Glauben kamen.

  
  
6. Auch Schafhirten versicherten, sie hätten Engel gesehen, die mitten in der Nacht einen Hymnus sangen,

Gott im Himmel lobten und priesen

und verkündigten, der Heiland aller sei geboren:

der Herr Christus, in dem das Heil Israels wiederhergestellt wird.

  
  
7. Aber auch ein ungeheuer heller Stern leuchtete vom Abend bis zum Morgen über der Höhle,

der so groß war, wie man noch keinen gesehen hat seit Erschaffung der Welt.

Und Propheten, die in Jerusalem waren, sagten, daß dieser Stern die Geburt Christi anzeige,

der nicht nur für Israel die Verheißung verwirklichen werde, sondern für alle Völker.

  
  
  
14. 

1. Am dritten Tag nach der Geburt des Herrn verließ Maria die Höhle und ging in einen Stall.

Sie legte den Knaben in eine Krippe; Ochs und Esel huldigten ihm.

Da ging in Erfüllung, was der Prophet Jesaja gesagt hatte:

"Es kennt der Ochse seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn."

  

Die Tiere nahmen ihn in ihre Mitte und huldigten ihm ohne Unterlaß.

So erfüllte sich der Ausspruch des Propheten Habakuk:

"In der Mitte zwischen zwei Tieren wirst du bekannt werden."

An demselben Platz blieben Josef und Maria mit dem Kind drei Tage lang.

  
  
15. 

1. Am sechsten Tag gingen sie nach Betlehem hinein, wo sie am siebenten Tag weilten.

Am achten Tag aber beschnitt man den Knaben;

man nannte ihn Jesus,

wie er vom Engel genannt wurde, bevor er im Schoß empfangen wurde.

  

Nachdem für Maria die Tage der Reinigung nach dem Gesetz des Mose vorbei waren,

brachte Josef das Kind in den Tempel des Herrn.

Als das Kind die Beschneidung empfangen hatte,

brachten sie für es zwei Turteltauben und zwei junge Tauben als Opfer dar.

  
 .  
2. Es befand sich aber im Tempel ein vollkommener und gerechter Gottesmann namens Simeon,

einhundertundzwölf Jahre alt.

Er hatte vom Herrn den Bescheid erhalten, er werde den Tod nicht schmecken,

ehe er Christus, den Sohn Gottes im Fleische, gesehen habe.

  

Als er das Kind sah, rief er mit lauter Stimme:

"Heimgesucht hat Gott sein Volk,

und erfüllt hat der Herr sein Versprechen."

Er eilte hinzu und betete das Kind an.

    

Und danach nahm er es auf in seinen Mantel, betete es wieder an, küßte ihm die Fußsohlen und sprach:

"Nun, Herr, entläßt du deinen Knecht gemäß deinem Wort in Frieden;

denn meine Augen haben dein Heil gesehen, das du vor dem Angesicht aller Völker bereitet hast:

ein Licht zur Erleuchtung der Heiden und Herrlichkeit für dein Volk Israel."

  

3. Im Tempel des Herrn befand sich auch die Prophetin Hanna,

eine Tochter Penuels aus dem Stamme Ascher.

Sie hatte mit ihrem Mann nach ihrer Zeit als Jungfrau sieben Jahre gelebt;

sie war Witwe, nun schon vierundachtzig Jahre.

Niemals verließ sie den Tempel des Herrn, dem Fasten und dem Gebet hingegeben.

Sie trat hinzu, betete das Kind an und sagte, in ihm sei die Erlösung der Welt.

 

  

 

 

Pseudo Matthäus deutsch (Marienlegende, Kapitel 1 -15)

Pseudo Matthäus deutsch (Magier, Flucht nach Ägypten Kapitel 16 - 24, Arab Kindheitsevangelium Kap. 10 )

Pseudo Matthäus lateinisch (Marienlegende, Kapitel 1 - 15)

Pseudo Matthäus lateinisch (Magier, Flucht nach Ägypten, Kap. 16 - 24, Arab. Kindheitsevangelium, Kap. 10)

 

Startseite Apokryphe Schriften