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4. Apokalypse des Baruch

Veröffentlicht am 26.12.2016

4. Baruch

4. Apokalypse des Baruch

5. Apokalypse des Baruch (1-40)

5. Apokalypse des Baruch (41-60)

5. Apokalypse des Baruch (61-87)

 

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Die griechische Baruch-Apokalypse wurde (frühestens) im 2. Jahrhundert n. Chr. verfasst und hat ihren Ursprung in der jüdischen Diaspora außerhalb Palästinas. Die Kapitel- und Verszählung der hier dargebotenen Ausgabe von Rießler ist fast identisch mit der heute maßgeblichen Ausgabe von Wolfgang Hage

4. Apokalypse des Baruch (griechisch)

 

1

Erzählung und Offenbarung Baruchs
über die auf Gottes Befehle geschauten Geheimnisse.
Gib deinen Segen, Herr! –

2

Offenbarung des Baruch, der am Flusse Gel stand
und über Jerusalems Gefangenschaft weinte,
damals, als auch Abimelech
in Agrippas Landgut durch Gottes Hand errettet ward.

3

Und so setzte er sich an die schönen Pforten,
wo das Allerheiligste war.

 

1. Kapitel: Offenbarung an Baruch

1

Ich, Baruch, weinte herzlich um das Volk,
weil es von Gott dem König Nabuchodonosor verstattet ward,
Zerstörung über seine Stadt zu bringen.

2

Er sagte: Herr!
Weswegen hast du deinen Weinberg angezündet
und ihn verwüstet?
Weswegen tatst du dies?
Weswegen, Herr, gabst du uns nicht in andere Zucht,
gabst vielmehr solchem Heidenvolk uns hin,
daß sie, uns schmähend, sagen können:
„Wo bleibt ihr Gott?“

3

Wie ich so wein und solches sage,
erblick ich einen von des Herren Engel,
wie er herbeikommt und mir sagt:
Gib acht, o Mensch, liebwerter Mann,
sorg dich nicht um Jerusalems Errettung!
Denn dieses spricht der Herr, Gott, der Allmächtige.

4

Er sandte nämlich mich vor dich,
daß ich dir alle Dinge Gottes künde und erkläre.

5

Dein Flehen ward vor ihm erhört
und drang in Gottes, des Herrn, Ohren.

6

So sagte er zu mir.
Ich schwieg.
Da sagt zu mir der Engel:
Hör auf, zum Zorne Gott zu reizen!

Dann zeig ich dir noch andere Geheimnisse,
die größer sind als diese.

7

Da sprach ich, Baruch:
So wahr der Herr, Gott, lebt!
Wenn du mir’s zeigen willst
und ich von dir etwas vernehme,
red ich nicht weiter mehr.
Am Tage des Gerichts mög Gott mich weiter richten,
wenn ich noch etwas rede!

8

Da sprach zu mir der Kräfte Engel:
Wohlan! So zeig ich dir die göttlichen Geheimnisse.

 

2. Kapitel: Der erste Himmel

1

Da nahm er mich
und brachte mich dahin,
wo fest der Himmel sitzt,
und wo ein Fluß dahinfließt,
den niemand zu durchschreiten wagt,
wo nicht der fernste Windhauch ist
von allen gottgeschaffenen Winden.

2

Dann nahm er mich
und führte mich zum ersten Himmel
und wies mir ein gewaltig großes Tor.
Er sprach zu mir:
Wir wollen es betreten.
Da gingen wir hinein gleichwie auf Flügeln,
an dreißig Tagereisen weit.

3

Er zeigte mir im Himmel eine Ebene.
Da waren viele Menschen drauf,
Gesichter wie die Rinder
und Hörner wie die Hirsche
und Füße wie die Ziegen
und Hüften wie die Lämmer.

4

Ich, Baruch, sagte zu dem Engel;
Künd mir, ich bitte dich,
wie groß des Himmels Dicke ist,
worin wir wanderten,
wie groß sein Abstand,
wie groß die Ebene!
Ich möcht es auch den Menschenkindern sagen.

5

Da sprach zu mir der Engel, namens Phamael:
Die Pforte, die du siehst,
das ist die Himmelspforte;
sie ist so dick,
so weit es von der Erde bis zum Himmel ist.
Die Ebene ist so lang,
so weit es von dem Norden bis zum Süden ist.

Dann sprach zu mir der Kräfte Engel:
Wohlan! Ich zeige dir noch größere Geheimnisse.

6

Ich sprach: Ich bitt dich, zeige mir,
was das für Menschen sind!

7

Er sprach zu mir:
Das sind, die einst den Turm des Gotteskampfes bauten;
sie hat der Herr vertrieben.

 

3. Kapitel: Der zweite Himmel

1

Darauf nahm mich des Herren Engel
und brachte mich in einen zweiten Himmel.
Er zeigte mir auch dort ein Tor,
dem ersten ähnlich.
Er sprach: Wir wollen es betreten!

2

Da gingen wir hinein,
von Flügeln hoch emporgehoben,
von etwa sechzig Tagen eine Strecke.

3

Dort zeigte er mir auch eine Ebene,
die voll von Menschen war,
und diese glichen Hunden
und hatten Hirschfüße.

4

Da fragte ich den Engel:
Ich bitt dich, Herr:
Sag mir, was das für Leute sind!

5

Er sprach:
Die sind’s, die zu dem Turmbau rieten.
Die Leute, die du siehst,
sie trieben einstens eine große Menge, Mann und Weib,
hinaus zum Ziegelstreichen.
Darunter war ein ziegelstreichend Weib,
das in der Stunde des Gebärens nicht hinweggehen durfte,
und so gebar es, ziegelstreichend.
Sie trug ihr Kind in einem Linnentuch
und mußte weiter Ziegel streichen.

6

Da kommt der Herr zu ihnen
und ändert ihre Sprachen;
schon hatten sie am Turm bis zu 363 Ellen gebaut.

7

Sie hatten einen Bohrer mitgenommen
und sich bemüht, den Himmel anzubohren;
sie sagten:
Wir wollen sehen, ob der Himmel tönern ist,
ob ehern oder eisern!

8

Gott sah es.
Da ließ er’s ihnen nicht mehr länger zu.
Mit Blindheit schlug er sie,
mit Sprachverwirrung
und brachte sie in diese Lage,
worin du sie jetzt siehst.

 

4. Kapitel: Der dritte Himmel

1

Ich, Baruch, sprach:
Sieh, Herr!
Du zeigest Großes mir und Wunderbares.
Nun zeig mir alles um des Herren willen!

2

Da sprach zu mir der Engel:
Wohlan! Wir wollen gehen!
Da ging ich mit dem Engel
von jenem Orte fort
so 185 Tagereisen weit.

3

Er zeigte mir eine Ebene
und eine Schlange an 200 Plethren lang.

4

Er zeigt mir auch die Unterwelt;
sie sah gar finster und abscheulich aus.
Ich sprach:
Was ist das für ein Drache?
Was für ein Ungeheuer dort,
rund um ihn her?

5

Da sprach der Engel:
Das ist der Drache,
der jener Männer Leiber frißt,
die schlecht ihr Leben zugebracht;
von diesen nährt er sich.

6

Und dieses ist die Unterwelt,
die jenem ziemlich ähnlich ist;
sie trinkt vom Meer auch eine Elle,
und dieses nimmt nicht ab.

7

Und Baruch sprach:
Wie geht das zu?
Der Engel sprach:
Hör zu!
Es schuf der Herr Gott 360 Ströme;
die ersten sind davon Alphias, Abyrus und Gerikus.

8

So nimmt das Meer nicht ab.
Ich sprach:
Zeig bitte mir,
was für ein Baum den Adam einst verführt!
Der Engel sprach:
Das ist der Weinstock, den der Engel Sammael gepflanzt,
worüber Gott, der Herr, so zornig ward.
Und er verfluchte ihn und sein Gewächs,
verbot dem Adam deshalb dran zu rühren.
Darum verführte ihn der Teufel
aus Neid durch seinen Weinstock. –

9

Da sprach ich, Baruch:
Der Weinstock war an solchem Unheil Schuld
und ward von Gott dem Fluche unterworfen;

er ward des Erstgeschaffenen Untergang.
Wie darf er immer noch so viel verwendet werden?

10

Es sprach der Engel:
Du fragst mit Recht.
Es brachte Gott die Sintflut auf die Erde
und tilgte alles Fleisch
und auch die 4 090 000 Riesen.
Das Wasser stand um fünfzehn Ellen höher,
als je die höchsten Berge waren.
Da drang das Wasser auch ins Paradies,
zerstörte jede Blüte.
Des Weinstocks Rebe aber riß es ganz heraus
und spülte sie hinweg.

11

Die Erde tauchte wieder aus dem Wasser,
und Noe ging aus seiner Arche.
Und da begann er, ein paar Pflanzen anzupflanzen.

12

Er fand die Rebe
und hob sie auf
und sprach bei sich:
Was ist denn das?
Da trat ich zu ihm hin und sagte,
was diese zu bedeuten habe.

13

Er fragte:
Darf ich sie pflanzen oder nicht,
da Adam dadurch ins Verderben kam?
Ich möchte nicht durch sie
dem Zorne Gottes selbst verfallen.
Nach diesen Worten betet er,
es möge Gott ihm offenbaren,
was er mit ihr jetzt machen sollte.

14

Nachdem er vierzig Tage lang gebetet,
rief er mit vielem Flehen und Weinen:
Ich rufe, Herr, dich an,
daß du mir offenbarest,
was ich mit dieser Pflanze machen soll. –

15

Es sandte Gott drauf seinen Engel Sarasael,
und dieser sprach zu ihm:
Steh, Noe, auf
und pflanz die Rebe!
Denn also spricht der Herr:
Es wandelt sich das Bittere dran in Süßigkeit,
der Fluch daran in Segen;
denn, was von ihr gewonnen wird,
das wird zum Blute Gottes
und wie durch sie das menschliche Geschlecht verurteilt ward,
also erlangt es wiederum durch Jesus Christus, den Emmanuel,
in ihm den Ruf nach oben,
den Eingang in das Paradies. –

16

So wisse, Baruch!
Wie Adam durch dies Holz verurteilt
und Gottes Herrlichkeit entkleidet ward,
so auch die jetzigen Menschen,
wenn sie den Wein, der davon rührt,
im Übermaß genießen;
denn dann begehen sie eine Sünde,
noch schlimmer als die Sünde Adams,
und sie entfernen sich gar weit von Gottes Herrlichkeit
und überliefern sich dem ewigen Feuer.

17

Nichts Gutes kommt von ihm.
Denn die den Wein im Übermaße trinken,
begehen Folgendes:
Der Bruder hat kein Mitleid mit dem Bruder,
der Vater nicht mit seinem Sohn,
die Kinder nicht mit ihren Eltern.
Es kommt vom Weintrunk alles Schlimme,
wie Totschlag, Ehebruch und Buhlerei
und Meineid, Diebstähle und Ähnliches.
Nichts Gutes kommt durch ihn zustand.

 

5. Kapitel: Der dritte Himmel

1

Da sprach ich, Baruch, zu dem Engel:
Ich lege, Herr, dir eine Frage vor:

2

Du sagtest mir,
der Drache trinke aus dem Meere eine Elle.
So sag mir auch,
wie groß sein Bauch!

3

Der Engel sprach:
Es ist die Unterwelt sein Bauch.
Soweit 300 Männer eine Silberkugel schleudern können,
so groß ist auch sein Bauch.
Komm nun,
daß ich dir Größeres, als bisher, zeige!

 

6. Kapitel: Der dritte Himmel

1

Da nahm er mich
und brachte mich dorthin,
von wo die Sonne sich erhebt.

2

Er zeigt mir einen Wagen mit vier Rädern,
worunter Feuer loderte,
und auf dem Wagen saß ein Mann,
der eine Feuerkrone trug.
Den Wagen zogen vierzig Engel.
Und sieh, ein Vogel, an neun Ellen groß,
lief vor der Sonne her, im Kreis herum.

3

Ich sagte zu dem Engel:
Was ist das für ein Vogel?
Er sprach zu mir:
Das ist der Weltenwächter.

4

Ich sagte: Herr!
Wiefern ist dies der Weltenwächter?
Belehr mich drüber!

5

Der Engel sprach zu mir:
Es läuft der Vogel neben der Sonne her;
er breitet seine Flügel dabei aus
und fängt so ihre Strahlen auf,
die feuerähnlich sind.

6

Und fing er sie nicht auf,
dann bliebe nicht das menschliche Geschlecht am Leben,
noch sonst ein andres Lebewesen.
Doch Gott hat diesen Vogel dazu angestellt.

7

Er breitete nun seine Flügel aus;
da sah ich auf den rechten Flügel
gewaltig große Buchstaben,
so groß wie eine Tenne
mit Raum für fast 4000 Scheffel.
Es waren goldene Buchstaben.

8

Der Engel sprach zu mir:
Lies sie!
Ich las
und also hießen sie:
„Mich bringt die Erde nicht hervor
und nicht der Himmel.
Mich schaffen nur die Feuerflügel.“

9

Ich sagte: Herr!
Was ist das für ein Vogel?
Was ist sein Name?

10

Der Engel sprach zu mir:
Es ist sein Name Phönix.

11

Ich sprach:
Was frißt er denn?
Er sprach zu mir:
Des Himmels Manna und den Tau der Erde.

12

Ich sprach:
Gibt auch der Vogel Kot von sich?
Er sprach zu mir:
Er gibt auch einen Wurm als Kot von sich;
der Kot des Wurmes aber wird der Zimt,
den Könige und Fürsten brauchen.
Wart aber noch!

13

Dann schaust du Gottes Herrlichkeit.
Und wie er so mit mir noch sprach,
gab’s etwas, einem Donnerschlage gleich;

der Ort erbebte, wo wir standen.
Da fragte ich den Engel:
Mein Herr!
Was ist das für ein Schall?
Da sprach zu mir der Engel:
Es schließen eben jetzt die Engel
die 365 Himmelstore auf;
jetzt scheidet sich das Licht von Finsternis.

14

Und eine Stimme kam, die sprach:
Lichtspender! Spend der Welt das Licht!

15

Als ich hierauf des Vogels Rauschen hörte,
da sprach ich, Herr!
Was ist das für ein Rauschen?

16

Er sprach:
Dies Rauschen weckt die Hähne auf der Erde aus dem Schlaf.
Gleichwie die Menschen aus dem Mund,
so macht der Hahn mit seiner eignen Sprache
den andern Wesen in der Welt sich leicht verständlich.
Denn wenn die Sonne von den Engeln wird zurechtgemacht,
dann kräht der Hahn.

 

7. Kapitel: Der dritte Himmel

1

Ich sprach:
Und wo begibt die Sonne sich an ihre Tagesarbeit,
nachdem der Hahn gekräht?

2

Da sprach zu mir der Engel:
Baruch, hör mir zu!
All das, was ich dir zeigte,
ist in dem ersten und dem zweiten Himmel.
Im dritten Himmel läuft die Sonne hin
und spendet Licht der Erde.
Harr aus!
Dann wirst du Gottes Herrlichkeit erblicken.

3

Und wie ich also mit ihm rede,
seh ich den Vogel.
Er zeigte sich von vorn;
dann wuchs er nach und nach
und schließlich ward er völlig sichtbar.

4

Ich sah, wie hinter ihm die Sonne aufblitzt,
mit ihr die Engel, die sie zogen,
mit einer Krone auf dem Haupt,
ein Anblick, den wir mit den Augen nicht ertragen konnten.

5

Und wie die Sonne aufleuchtet,
da breitet auch der Phönix seine Flügel aus.
Beim Anblick solcher Herrlichkeit
ward ich durch große Angst erschöpft;
ich floh hinweg
und barg mich in des Engels Flügeln.

6

Der Engel sprach zu mir:
Hab, Baruch, keine Furcht
Harr vielmehr aus!
Dann siehst du auch,
wie sie zur Ruhe gehen.

 

8. Kapitel: Der dritte Himmel

1

Da nahm er mich
und führte mich gen Westen.
Und als die Zeit des Untergehens kam,
erblick ich abermals geradeaus vor mir den Vogel.
Und wie er kam,
erblickt ich auch die Engel,
wie sie die Krone ihr vom Haupte nahmen.

2

Der Vogel aber stand erschöpft
mit eingezogenen Flügeln da.

3

Als ich dies schaute, sagte ich:
Weshalb, Herr, nahmen sie der Sonne
die Krone von dem Haupt?
Weswegen ist der Vogel so erschöpft?

4

Der Engel sprach zu mir:
Durchlief die Sonne ihren Tag,
dann nehmen ihre Krone vier der Engel in Empfang
und tragen diese in den Himmel,
sie zu erneuern,
weil sie und ihre Strahlen auf der Erde unrein wurden.
So wird sie übrigens an jedem Tag erneuert.
Da sprach ich, Baruch:
Herr!
Weswegen werden ihre Strahlen auf der Erde unrein?

5

Der Engel sprach zu mir:
Weil sie der Menschen Frevel und Vergehn mitansehen muß,
wie Buhlereien, Ehebrüche,
Diebstähle, Räubereien
und Götzendienst, Betrunkenheit
und Totschlag, Streitereien
und Eifersucht, Verdächtigungen
und Murren, Ohrenbläserei,
Wahrsagerei und Zauberei und Ähnliches,
was Gott nicht wohlgefällt.
Dadurch wird sie befleckt;
deswegen muß sie stets erneuert werden.

6

Wie kommt’s,
daß so der Vogel in Erschöpfung fällt?
Er hält die Sonnenstrahlen ab
und so wird er durch Feuer und die Hitze
den ganzen Tag recht mitgenommen.

7

Denn würden seine Flügel nicht, wie schon gesagt,
die Sonnenstrahlen ringsum zudecken,
dann könnte keine Seele mehr am Leben bleiben.

 

9. Kapitel: Der dritte Himmel

1

Als diese sich zurückgezogen,
kam schon die Nacht;
zugleich damit kam auch des Mondes Wagen
mitsamt den Sternen.

2

Da sprach ich, Baruch:
Herr!
Zeig, bitte, mir,
wie dieser aufgeht
und wo er hingeht
und wie er wandelt!

3

Der Engel sprach:
Wart eine Weile!
Dann schaust du ihn in Bälde.
Am andern Morgen schaute ich auch ihn,
in einer Weibsgestalt,
auf einem Räderwagen sitzen.
Und vor ihm waren an dem Wagen Rinder
und Lämmer
und eine große Anzahl Engel.

4

Ich fragte: Herr!
Was sind denn das für Rinder und für Lämmer?
Er sprach zu mir:
Dies sind auch Engel.

5

Und weiter fragte ich:
Wie kommt’s, daß er bald zu-, bald abnimmt?

6

Er sprach zu mir:
Hör, Baruch!
Er, den du siehst,
war schön gezeichnet von dem Herrn, wie keiner sonst.

7

Und bei des ersten Adams Sünde
hielt er sich in der Nähe Sammaels,
als dieser sich der Schlange als Gewand bediente.
Er aber hielt sich nicht versteckt,
nahm vielmehr zu,
und Gott ergrimmte über ihn
und drückte ihn zusammen
und kürzte seine Tage ab.

8

Ich sprach:
Wie kommt’s, daß er nicht allzeit leuchtet,
nur in der Nacht?
Der Engel sprach:
So hör mir zu!

Wie angesichts des Königs nicht die Hofleute
die Meinung offen äußern dürfen,
so können auch die Sterne und der Mond
nicht vor der Sonne glänzen.
Es hängen zwar die Sterne immer da;
doch sind sie von der Sonne stets verdeckt,
und von der Sonnenhitze wird der Mond verzehrt,
bleibt er auch unverletzt.

 

10. Kapitel: Der vierte Himmel

1

Dies alles hörte ich vom Erzengel.
Dann nahm er mich
und brachte mich in einen vierten Himmel.

2

Da sah ich eine Ebene, ganz einförmig,
und mitten drinnen einen Teich voll Wasser.

3

Und eine große Menge Vögel aller Art darin;
doch glichen sie nicht denen auf der Erde.
Dagegen sah ich einen Kranich
und große Rinder,
und alle waren größer, als die auf der Erde.

4

Da fragte ich den Engel:
Was ist das doch für eine Ebene?
Was für ein Teich?
Und was für eine Masse Vögel rundherum?

5

Der Engel sprach:
Hör auf mich, Baruch!
Die Ebene, die den Teich umschließt,
und alles wunderbare drin,
das ist der Ort, wohin die Seelen der Gerechten gehen,
wenn sie zusammenkommen,
in Chören hier zu leben.

6

Das Wasser hier ist das,
dass das Gewölk empfängt
und das es auf die Erde regnen läßt,
wovon die Früchte wachsen.

7

Und weiter sprach ich zu des Herren Engel:
Was sind denn das für Vögel?
Er sprach zu mir:
Die sind’s, die immerfort dem Herrn lobsingen.

8

Ich sagte: Herr!
Wie können da die Menschen sagen,
das Regenwasser stamme aus dem Meer?

9

Der Engel sprach:
Das Regenwasser stammt vom Meer
und auch von den Gewässern auf der Erde.
Das aber, das die Früchte treibt,
stammt nur von diesen.

10

So wisse auch,
daß selbst der sogenannte Himmelstau aus diesen stammt!

 

11. Kapitel: Der fünfte Himmel

1

Von diesen nahm der Engel mich hinweg
und brachte mich in einen fünften Himmel.

2

Das Tor war zugeschlossen.
Ich sagte: Herr!
Wird diese Pforte nicht geöffnet,
daß wir hineingehen könnten?
Der Engel sprach zu mir:
Wir können nicht hineingehen,
bevor nicht Michael,
des Himmelreiches Schlüsselwahrer, kommt.
Wart nur!
Dann schaust du Gottes Herrlichkeit.

3

Und da entstand ein ganz gewaltiges Geräusch,
gleich wie ein Donner.
Ich sagte: Herr!
Was ist das für ein Lärm?

4

Er sprach zu mir:
Soeben steigt der Engelfürst Michael hinab,
um das Gebet der Menschen in Empfang zu nehmen.

5

Da ließ sich eine Stimme hören:
Die Pforten sollen offen stehen!
Man öffnete,
und da entstand ein Knarren wie ein Donnerschall.

6

Und Michael erschien.
Da ging der Engel, der mir beigegeben, ihm entgegen
und kniete vor ihm nieder mit den Worten:
Gegrüßt seist du, mein Erzengel
und Führer unserer ganzen Abteilung!

7

Da sprach der Engelführer Michael:
Du, unser Bruder, sei gegrüßt,
der du die Offenbarungen erklärest denen,
die ihre Lebenszeit gar gut verbringen!

8

Sie standen stille, nach dem Gruß.
Da sah ich, wie der Engelführer Michael
dort eine ganz gewaltig große Schale hielt,
und ihre Tiefe war so groß,
wie von dem Himmel bis zur Erde,
und ihre Breite, wie vom Norden bis zum Süden.
Ich sagte: Herr!
Was ist das, was der Erzengel Michael in Händen hält?

9

Er sprach zu mir:
In diese Schale kommen alle die Verdienste der Gerechten,
sowie die guten Werke, die sie tun;
sie werden vor den Himmelsgott gebracht.

 

 

12. Kapitel: Der fünfte Himmel

1

Und also unterhielt ich mich mit ihnen.
Da kamen Engel her mit Blumenkörbchen.
Sie gaben sie dem Michael.

2

Da fragte ich den Engel:
Herr!
Wer sind doch diese;
was bringen sie hieher?

3

Er sprach zu mir:
Dies sind die Engel, die bei den Gerechten sind.

4

Da nahm der Erzengel die Körbchen
und warf sie in die Schale.

5

Der Engel sprach dabei zu mir:
Die Blumen sind die Tugenden der Frommen.

6

Ich sah, wie andre Engel leere Körbchen trugen,
die nicht gefüllt.
Sie kamen ganz betrübt herbei
und wagten nicht, heranzukommen,
weil sie nicht vollzählig die Siegespreise hatten.

7

Und Michael rief laut und sprach:
So kommt auch ihr herbei, ihr Engel!
Tragt her, was hier ihr mitgebracht!

8

Doch Michael ward sehr betrübt
und auch der Engel, der bei mir,
weil sie nicht volle Schalen hatten.

 

13. Kapitel: Der fünfte Himmel

1

Dann kamen andre Engel ebenso;
sie jammerten und weinten
und sagten unter Furcht und Zittern:
Schau, wie wir tief betrübt sind, Herr,
dieweil wir schlechten Menschen zugewiesen sind!
Wir wollen sie deshalb verlassen.

2

Doch Michael sprach:
Ihr könnt sie nicht verlassen;
sonst möcht der Feind am End die Oberhand gewinnen.
Doch saget mir, um was ihr bittet!

3

Da sagten sie:
Wir bitten dich, Michael, unsern Engelfürst:
Ruf uns von ihnen weg!

4

Wir können’s bei den schlechten, unvernünftigen Menschen
nicht länger aushalten;
nichts Gutes gibt’s bei ihnen,
nur jede Ungerechtigkeit und Habsucht.
Wir sahn sie niemals – in die Kirche gehen,
noch zu den geistlichen Vätern –
zu irgendeinem guten Werk.

Vielmehr, wo nur ein Mord geschieht,
da sind sie mitten drunter
und wo es Buhlereien, Ehebrüche, Diebstähle,
Verdächtigungen, Meineid, Neid, Betrunkenheit
und Streitigkeiten, Eifersucht
und Murren, Ohrenbläserei
und Götzendienst, Wahrsagerei und ähnliches sich findet
da sind sie auch dabei als die,
die solcherlei und noch viel Schlimmeres verüben.
Deswegen bitten wir,
daß wir von ihnen fortgehen dürfen.

5

Da sagte Michael zu diesen Engeln:
So wartet,
bis ich vom Herrn erfahre,
was jetzt geschehen soll!

 

14. Kapitel: Der fünfte Himmel

1

Und Michael entfernte sich zur selben Stunde;
geschlossen wurden da die Pforten.
Hierauf erhob sich ein Getöse wie ein Donner.

2

Ich frug den Engel:
Was ist doch das für ein Geräusch?
Er sprach zu mir:
Gerade jetzt bringt Michael
die Tugenden der Menschen hin vor Gott.

 

15. Kapitel: Der fünfte Himmel

1

Um eben diese Stund stieg Michael hinab;
da ward das Tor geöffnet.
Er hatte Öl bei sich.

2

Den Engeln, die die Körbchen voll gebracht,
füllt er sie mit dem Öl und spricht:
Tragt dieses fort!
Gebt hundertfältigen Lohn jetzt unsern Freunden
und denen, die die guten Werke mühvoll taten!
Gut ernten, die gut säen.

3

Dann sagt er denen,
die ihre Körbchen halbleer brachten:
So kommt auch ihr herbei!
Empfangt den Lohn nach dem, was ihr gebracht!
Gebt ihn den Menschenkindern! –

4

Dann sagte er zu denen, die die vollen beigebracht,
wie auch zu denen mit halbleeren:
Geht hin und segnet unsere Freunde!
Und sagt zu ihnen:
So spricht der Herr:

In wenigem seid ihr getreu;
so setz ich über vieles euch.
Geht ein zu eures Herren Freude! –

 

16. Kapitel: Der fünfte Himmel

1

Dann wandte er sich um
und sprach zu denen, die ihm nichts gebracht:
So spricht der Herr:
Macht doch kein trauriges Gesicht!
Weint nicht!
Doch laßt die Menschenkinder auch nicht fahren!

2

Doch da sie mich mit ihren Taten recht erzürnt,
geht hin und macht sie eifersüchtig!
Reizt und erbittert sie gegen ein Nichtvolk,
ein unverständig Volk!

3

Dazu schickt auch noch Raupen
und junge Heuschrecken und Mehltau
und alte Heuschrecken und heftigen Hagel samt den Blitzen!
Zerschneidet mit dem Schwert sie in der Mitte
und tötet sie mit Pest,
mit Geistern ihre Kinder!

4

Sie hörten ja auf meine Stimme nicht
und taten nicht, was ich geboten,
und lebten nicht danach.
Sie zeigten sich vielmehr
als meiner Vorschriften Verächter,
mißhandelten die Priester,
die ihnen meine Worte kündeten.

 

17. Kapitel: Die Heimkehr

1

Ich redete;
da wurde schon das Tor geschlossen.
So machten wir uns auf den Rückweg.

2

Es nahm der Engel mich
und brachte mich an jenen Ort zurück,
wo ich zuerst gewesen.

3

Und als ich zu mir kam,
da brachte ich Gott einen Lobpreis dar,
weil er mich solcher Ehr gewürdigt.

4

Deswegen sollt auch ihr,
ihr, meine Brüder, Gott verherrlichen,
wenn ihr auch eine solche Offenbarung
empfangen habt,
damit auch Er euch jetzt und immerdar,
in alle Ewigkeit verherrliche! Amen.

 

4. Baruch

4. Apokalypse des Baruch

5. Apokalypse des Baruch (1-40)

5. Apokalypse des Baruch (41-60)

5. Apokalypse des Baruch (61-87)

 

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